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Kommentare zu den Variablen

K Strassenverkehrsunfälle

Allgemeine Bemerkungen zu den Strassenverkehrsunfällen
Von Motorfahrzeugen verursachte Strassenverkehrsunfälle waren ein massgeblicher Grund der ursprünglich weitverbreiteten Autofeindlichkeit – und dies durchaus zu Recht. 1912 gab es 34 tödliche Autounfälle. Rein statistisch gesehen war damit annähernd jedes hundertste Fahrzeug in einen Todesfall verwickelt. Noch bis in die 1930er-Jahre existierten selbst in den Städten kaum sicherheitsfördernde Strukturen wie Signalisationen oder Verkehrstrennungen. Auf den Strassen bewegten sich kreuz und quer Personen- und Lastwagen, Trams, Motor- und Fahrräder, Fuhrwerke und Fussgänger. Geschwindigkeitsbegrenzungen gab es 1932–1959 in der ganzen Schweiz keine, weder inner- noch ausserorts. Die Zahl der Unfälle stieg zwar schon in der Zwischenkriegszeit markant an, der eigentliche Schub erfolgte jedoch erst mit der Massenmotorisierung 1950–1970. 1970 zählte man ungefähr gleich viele Unfälle wie im Jahr 2000, aber mit deutlich gravierenderen Konsequenzen: 1970 verloren fast 1700 Menschen ihr Leben auf den Strassen, 2000 waren es knapp 550. Dass der Verkehr trotz seines stetigen Wachstums sicherer wurde, war hauptsächlich baulichen, organisatorischen (inklusive einer forcierten Verkehrserziehung) und gesetzlichen Massnahmen zu verdanken. Bezüglich der Todesfälle spielte auch der medizinische Fortschritt und die schnellere Präsenz von Rettungskräften eine Rolle. Bei den Fahrzeugherstellern avancierte die Sicherheit ebenfalls immer mehr zum verkaufsfördernden Thema. Dazu gehörten neben robusteren Karrosserien und verletzungsmindernden Innenausstattungen (Gurten, Airbags usw.) auch sogenannte Fahrassistenzsysteme, die beispielsweise Gefahren anzeigen und/oder durch Bremseingriffe Fahrfehler automatisch korrigieren. Den Anfang machte in Europa 1978 die Einführung des Antiblockiersystems (ABS). Sehr selektive und hauptsächlich auf Todesfälle ausgerichtete Unfallangaben finden sich in den Statistischen Jahrbüchern unter dem Titel «Diverses» bis 1901 zurück (St.Jb 1912, 338). Das St.Jb 1929 enthielt auf Seite 78 unter dem Thema «Bevölkerungsbewegungen» eine Tabelle mit der Anzahl der tödlichen «Verkehrsunfälle» für den Zeitraum 1921–1929, aufgeteilt nach Fuhrwerken, Fahrrädern und «Motorfahrzeugen». Demnach hätte es 1929 insgesamt 563 Strassenverkehrstote gegeben, was aber nicht mit späteren Quellen übereinstimmt. Auch wenn etwa auf kommunaler Ebene jährliche Reihen schon weit früher verfügbar sind, für die Stadt Zürich beispielsweise ab 1905, liegen einigermassen systematische Angaben zum Unfallgeschehen auf den Strassen für die Schweiz und die Kantone erst ab 1929 vor, für die Städte ab 1930. Als Quellen sind zu nennen:

Basisquelle bilden die jährlichen und zunehmend detaillierten Bände des Eidgenössischen Statistischen Amtes (ESA; heute BFS) zu den «Strassenverkehrsunfällen in der Schweiz». Die St.Jb können als zusammenfassende Substrate davon hilfreich sein. Grundsätzlich handelt es sich bei den Zahlen um Unfälle, die sich auf öffentlichen Strassen oder Plätzen ereigneten und polizeilich registriert wurden. Das geschah freilich längst nicht bei allen tatsächlichen Ereignissen, etwa wenn sich Unfallbeteiligte gütlich einigten oder Selbstunfälle der Polizei nicht gemeldet wurden. Es liegt zudem in der Natur der Sache, dass die Statistiken sich in Aufbau, Umfang und Aussage während des langen Zeitraums von 70 Jahren immer wieder und teils entscheidend veränderten. Grosse Revisionen fanden vor allem 1962/63, 1975/76 und 1991/92 statt, was sich mitunter klar in den Daten niederschlug. Nähere Informationen dazu enthalten die Kommentare zu den einzelnen Variablen. Die meisten Reihen beziehen sich überdies nur auf die gesamte Schweiz und weisen öfters Lücken auf. Die Angaben für die Kantone und Gemeinden sind im Vergleich dazu stark ausgedünnt. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass bei Kantons- und insbesondere Städtedaten einzelne Grossereignisse – zum Beispiel ein Carunfall mit vielen betroffenen Personen – zu massiven jährlichen Schwankungen in der Opferbilanz führen können, was sich im nationalen Rahmen in der Regel eher nivellierte, weil immer wieder irgendwo ungewöhnlich schlimme Ereignisse eintraten. Die Hauptaufgabe der Statistik sei es – so steht es jeweils in den Einleitungen der Bände zu den «Strassenverkehrsunfällen in der Schweiz» – für Behörden, Politik usw. Grundlagenmaterial zur Evaluierung der Unfallursachen bereitzustellen, damit gezielte Massnahmen zur Erhöhung der Sicherheit eingeleitet werden können. Kernstücke dazu bilden etwa die Klassifizierungen der Vorkommnisse nach Alter, Geschlecht oder nach den unfallbeteiligten Objekten sowie die polizeiliche Feststellung der Unfallursache(n) an sich wie zu schnelles Fahren, zu nahes Aufschliessen, Alkoholkonsum usw. Die entsprechenden Angaben trugen die Untersuchungsbeamten am Unfallort oder im Rahmen einer Rekonstruktion gemäss Anleitung in vorgedruckte Formulare ein. Obwohl es sich um Fachleute handelte, ist hier ein gewisser Spielraum offensichtlich gegeben. Ab 1993 sprach man deshalb nicht mehr von Unfallursachen, sondern vorsichtiger von «möglichen Mängeln/Einflüssen». Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass bei Unfällen oft Ursachenkombinationen eine Rolle spielen, also etwa «Angetrunkenheit» und «zu schnelles Fahren». Die Zahl der Ursachen ist deshalb immer höher als die Zahl der Unfälle. Bis 1992 nahm man offenbar beliebig viele solcher Kombinationen auf, sofern dies angezeigt schien, danach nur noch höchstens drei. Dazu kommt, dass sich Gesetzesänderungen – etwa die Einführung von Tempolimiten ab 1959 oder von Promillegrenzen beim Alkohol 1980 – direkt auf die Statistik auswirkten. Unfallursachen wie «zu schnelles Fahren» oder «Angetrunkenheit» veränderten dadurch unmittelbar ihre Qualität: Was vorher noch als zulässig durchgehen konnte, galt danach als Fehlverhalten. So konnte es kommen, dass im Polizeiprotokoll je nach Gesetzeslage statt «zu schnelles Fahren» möglicherweise «starker Regen» oder «unvorsichtiges Betreten des Fussgängerstreifens» stand. Zu berücksichtigen sind ferner die unbeeinflussbaren Witterungseinwirkungen, indem etwa strenge Winter oder regenreiche Sommer das Unfallrisiko tendenziell erhöhten. Dieser Aspekt verlor jedoch grosso modo spätestens ab den 1970er-Jahren stark an Gewicht, weil unter anderem die technische Aufrüstung der Fahrzeuge die Relevanz der Witterungs- oder Lichtbedingungen (Tag/Nacht) verminderte. Ab 1976 erschienen abgesehen von der Reihe «Aquaplaning» überhaupt keine wetter- oder tageslichtbezogenen Angaben mehr als Unfallursachen. Was die Kantone und Städte anbelangt, sind die Variablensets für beide identisch und bestehen aus nur gerade 14 Reihen, während es für die Schweiz rund 250 sind. Trotz einiger Lücken, vor allem 1939–1945, sind die Daten insbesondere für die Kantone recht vollständig. Auf Variablenkommentare verzichten wir. Sie können bei den Daten zur gesamten Schweiz eingesehen werden, da die Definitionen analog sind. Wichtig, namentlich in Bezug auf die Städte, ist der Hinweis, dass abgesehen vom Kanton Jura Gebietsmutationen wie etwa Eingemeindungen mangels Daten nicht harmonisiert werden konnten. Die angegebenen Zahlen entsprechen immer dem Gebietsstand des jeweiligen Jahres. Weitere Informationen zum Thema bietet das Dossier «Kinder und Strassenverkehrsunfälle».