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Kommentare zu den Variablen

L Delikte und Sanktionen

Allgemeine Bemerkungen zu den Delikten und Sanktionen
Die Bemühungen, eine gesamtschweizerische «Kriminalstatistik» zu erstellen, die nicht den Vollzug, sondern die Verurteilungen fokussiert, gehen auf die Anfänge des 20. Jahrhunderts zurück. Erste entsprechende Publikationen vom damaligen Eidgenössischen Statistischen Amt erschienen 1906 und 1909–1911, wobei die Gründung des «Zentralpolizeibureaus» 1904 diesem Vorhaben wichtige Impulse verlieh. Wirklich vorwärts ging es aber erst nach dem Inkrafttreten des schweizerischen Strafgesetzbuchs 1946. Seit diesem Zeitpunkt liegen als «Schweizerische Kriminalstatistik» (ab 1969 «Die Strafurteile in der Schweiz») jährliche Publikationen vor, die beim BFS per Internet bis zur Ausgabe 1984 heruntergeladen werden können. Die Daten stammten aus den Eintragungen im Zentralstrafregister des erwähnten Schweizerischen Zentralpolizeibüros und beziehen sich ausschliesslich auf Bundesgesetze. Hinsichtlich des Strassenverkehrs werden die Zahlen ab 1953 interessant, als die Verurteilungen auf der Basis des Motorfahrzeuggesetzes (MFG) von 1932 respektive des Strassenverkehrsgesetzes (SVG) vom 19. Dezember 1958 ausgewiesen wurden. Die beiden Rechtsgrundlagen unterschieden sich insofern entscheidend, als das Gesetz von 1932 nur die Motorfahrzeug- und Radfahrer betraf, das nach Artikeln viel umfangreichere SVG jedoch sämtliche Strassenverkehrsteilnehmer, also etwa auch Fussgänger oder Reiter. Das SVG trat erst 1963 vollumfänglich in Kraft, was dazu führte, dass einige Beurteilungen vom Strafgesetzbuch («Vergehen gegen den öffentlichen Verkehr») zum SVG umgelagert wurden. Mit Blick auf das MFG kamen 1965 schweizweit nur noch 15 Fälle zur Verhandlung (SVG knapp 21'000 Fälle), danach keine mehr. Der Einfachheit halber erwähnen wir in den Kommentaren und Variablenköpfen stellvertretend für beide Gesetze jeweils nur das SVG. Methodisch sind vorgängig einige grundsätzliche Hinweise notwendig. Nicht enthalten sind in der Statistik Widerhandlungen gegen kantonale Gesetze, strafbare Handlungen von Kindern bis 13 respektive ab 1974 bis 14 Jahren und die Übertretungen von Jugendlichen (14–17 respektive ab 1974 15–17 Jahre). Trafen mehrere strafbare Handlungen einer Person zusammen (zum Beispiel Strafgesetzbuch und SVG), wurde in der Statistik auf die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat abgestellt («Hauptstraftat»). Dies hat zur Folge, dass längst nicht alle Handlungen gegen das SVG in der Statistik enthalten sind, weil sie nur als Nebenstrafen verhängt wurden. In einem Jahr wiederholt straffällige Personen wurden entsprechend der Zahl ihrer Verurteilungen mehrfach gezählt. Für die Statistiken bis 1973 war für die Auszählungen nach dem Alter das Jahr einer Tat massgebend, ab 1974 jedoch das Jahr, in welchem ein Urteil in Kraft trat. Zwischen den beiden Ereignissen kann (bei Rekursen) eine beträchtliche Zeitspanne liegen. Als Quellen sind zu erwähnen:

Das SVG von 1958 bildet noch heute die Grundlage der Bundesgerichtsbarkeit im Strassenverkehr, wenn auch mit vielen Ergänzungen und Änderungen. Mutationen mit statistisch erheblichen Auswirkungen waren 1961 und noch weit stärker 1974 zu verzeichnen, als die neue Verordnung über das Strafregister und das revidierte Jugendstrafrecht in Kraft traten. Bis 1961 waren Bussen ab 50 Franken strafregisterpflichtig. Danach galt eine Limite von 100 Franken, die 1974 auf 200 Franken und 1982 schliesslich auf 500 Franken erhöht wurde. Diese Heraufsetzungen der strafregisterpflichtigen Bussen wirkten sich bezüglich des SVG besonders drastisch aus. So sank die Gesamtzahl der landesweit Verurteilten 1973/74 von fast 47'000 auf 23'000 Personen. 1973 hatte man insgesamt 24'253 ausgesprochene Bussen zwischen 100 und 199 Franken gezählt, davon 19'541 wegen Verletzungen der Verkehrsregeln. Eine Vergleichbarkeit der Daten ist somit über weite Strecken nicht gegeben. Bei den Jugendlichen verzichtete man bereits ab 1971 auf die Einträge von Verweisen, Verpflichtungen zu Arbeitsleistungen oder Bussen sowie auf die Registrierung von Aufschiebungen solcher Massnahmen. Als Jugendliche galten zudem ab 1974 nicht mehr 14- bis 17-Jährige, sondern neu 15- bis 17-Jährige. Diese Altersgruppe wurde im Tabellenteil gesondert ausgewiesen. Sie ist in den anderen Reihen, wie etwa dem Total der Verurteilten, ab 1974 nicht mehr inbegriffen. Die umfangreichen Revisionen der Statistik, die zugleich mit der Umstellung auf EDV verbunden war, sind im Band «Strafurteile in der Schweiz» 1974 im Detail erörtert. Die Neuausrichtung hatte ausserdem zur Folge, dass ab 1974 die Zahl der Verurteilten nach dem SVG in der Statistik nicht mehr kantonsweise ausgewiesen wurde. Stattdessen führte man die Summe der Straftaten für die Kantone auf, was etwas ganz anderes ist, da viele Verurteilungen mehrere Vergehen umfassen (zum Beispiel Angetrunkenheit und zu schnelles Fahren). Auf Kantonsebene fehlen folglich sämtliche Daten für den Zeitraum 1974–1983. Eine weitere tief greifende Zäsur stellte das Jahr 1984 mit der Umstellung der Daten auf das neue Sanktionsrecht dar, nachdem die Schweizer Stimmberechtigten 1982 einer Revision des Strafgesetzbuchs zugestimmt hatten. Für 1984 lagen uns einerseits die Strafurteilsstatistik vor, andererseits die nach dem Sanktionsrecht aktualisierten Angaben in den Tabellen des BFS. Man möchte vielleicht meinen, dass sich an dieser Schnittstelle die beiden Quellen zumindest teilweise entsprechen oder sich gegenseitig herleiten lassen. Dies trifft nicht zu. Nicht eine einzige Reihe stimmt überein, wobei die Abweichungen teils geringfügig, teils markant sind. Wir haben uns pragmatisch dazu entschieden, bis 1983 die Urteilsstatistik zu berücksichtigen und danach nahtlos die Tabellen des BFS anzufügen, obwohl eine Vereinbarkeit offensichtlich nicht gegeben ist. Gleiches gilt jedoch für die Brüche in den Datenreihen von 1961 und 1974, die wir zugunsten einer besseren Übersichtlichkeit durch die Fortsetzungen der Zahlen ebenfalls ignoriert haben. Das BFS trennt die Daten bis und nach 1983 hingegen strikt. Weitere Informationen finden sich in den Variablenkommentaren sowie im Themendossier «Delikte im Strassenverkehr».